2.Die Goldbach-Vermutung

Die vielleicht am einfachsten zu formulierende unbewiesene Hypothese über Primzahlen ist:

Goldbach-Vermutung (für gerade Zahlen)

Jede gerade Zahl n ≥ 4 ist die Summe von zwei Primzahlen.

Christian Goldbach hatte diese und verwandte Fragen über Summen von Primzahlen 1742 brieflich mit Euler diskutiert. Euler war von der Gültigkeit der Aussage überzeugt, schrieb aber, dass er keinen Beweis angeben könne.

 Die folgenden Beispiele zeigen, dass es oftmals sogar verschiedene Möglichkeiten gibt, eine gerade Zahl als Summe zweier Primzahlen darzustellen:

Beispiele
4  =  2 + 2 6  =  3 + 3
8  =  3 + 5 10  =  3 + 7  =  5 + 5
12  =  5 + 7 14  =  3 + 11  =  7 + 7
16  =  3 + 13  =  5 + 11 18  =  5 + 13  =  7 + 11
20  =  3 + 17  =  7 + 13 22  =  3 + 19  =  5 + 17  =  11 + 11
24  =  5 + 19  =  7 + 17  =  11 + 13 26  =  3 + 23  =  7 + 19  =  13 + 13
28  =  5 + 23  =  11 + 1730  =  7 + 23  =  11 + 19  =  13 + 17

 Die Stärke der Goldbach-Vermutung ergibt sich bereits aus der Beobachtung, dass sich mit ihrer Hilfe der Satz von Bertrand-Chebyshev leicht beweisen lässt:

Beweis des Satzes von Bertrand-Chebychev mit der Goldbach-Vermutung

Sei n ≥ 2 beliebig, und seien p, q prim mit q ≤ p und 2n + 2 = p + q. Wegen p ≥ q gilt p ≥ (2n + 2)/2 = n + 1. Wegen q ≥ 2 ist p ≤ 2n. Da p prim ist, ist p ≠ 2n, sodass p < 2n. Damit ist p eine Primzahl mit n < p < 2n.

 Eine analoge Hypothese lässt sich für die ungeraden Zahlen aufstellen:

Goldbach-Vermutung (für ungerade Zahlen)

Jede ungerade Zahl n > 7 ist die Summe von drei ungeraden Primzahlen.

 Aus der Goldbach-Vermutung für gerade Zahlen ergibt sich die Goldbach-Vermutung für ungerade Zahlen in einer verstärkten Form. Denn ist n > 7 ungerade, so ist n − 3 > 4 die Summe von zwei Primzahlen p1 und p2, die notwendig ungerade sind. Folglich ist n = p1 + p2 + 3. Damit kann eine der drei Primzahlen als 3 gefordert werden. Die Goldbach-Vermutung für ungerade Zahlen ist deswegen auch als schwache Goldbach-Vermutung bekannt.

 Umgekehrt folgt durch Addition von 3 aus der Goldbach-Vermutung für ungerade Zahlen die folgende schwächere Form der geraden Version: Jede gerade Zahl n ≥ 12 ist die Summe von vier ungeraden Primzahlen, von denen eine die drei ist.

 In jüngerer Zeit sind verschiedene Annäherungen an die Goldbach-Vermutungen bewiesen worden. Ein Paradebeispiel ist der folgende Satz von Terence Tao, der auf Arbeiten von Hardy, Littlewood, Vinogradov, Ramaré und anderen aufbaut (vgl. [ Tao 2014 ]):

Satz

Sei n > 1 eine ungerade Zahl. Dann ist n die Summe von höchstens fünf Primzahlen.

 Es folgt wie oben durch Addition von 3, dass jede gerade Zahl die Summe von höchstens sechs Primzahlen ist.

 Im Jahr 2014 hat schließlich Harald Helfgott einen Beweis der Goldbach-Vermutung für ungerade Zahlen angekündigt (und im arXiv für Mathematik veröffentlicht), der weitgehend akzeptiert ist:

Satz

Jede ungerade Zahl n > 7 ist die Summe von drei ungeraden Primzahlen.

Damit bliebe nur noch die Goldbach-Vermutung für gerade Zahlen zu zeigen…