5. Primzahl-Spiralen
Die Ulam-Spirale ist „eckig“ und es stellt sich die Frage, ob eine echte spiralförmige Anordnung der natürlichen Zahlen ebenfalls interessante Bilder über die Primzahlen erzeugt. Wir betrachten hierzu eine klassische Kurve der Mathematik. Die (unendliche) Archimedische Spirale ist die Funktion f : [ 0, ∞ [ → ℝ2 mit
f (t) = t (cos t, sin t) für alle t ≥ 0.
Die Spirale f braucht für eine Umdrehung die Zeit 2π. Für t = 1, 2, 3, … ist der Wert f (t2π) gleich (1, 0), (2, 0), (3, 0), … Wir ordnen nun die natürlichen Zahlen entlang der Archimedischen Spirale an, indem wir den Punkt f (k) der Ebene mit der Zahl k beschriften und die Primzahlen einfärben.
Primzahlen auf der Archimedischen Spirale bis t = 32 π
In diesem Diagramm sind zwei innere Spiralen augenfällig, auf der alle betrachteten Primzahlen liegen. Dieses Phänomen hat eine einfache Erklärung: Jede Primzahl p ≥ 5 ist von der Form 1 + k6 oder 5 + k6 für eine natürliche Zahl k. Denn die Zahlen der Form 0 + k6, 2 + k6, 4 + k6 sind alle gerade und die Zahlen der Form 3 + k6 sind alle durch drei teilbar. Damit liegen alle Primzahlen größergleich 5 auf den beiden unendlichen Zahlenprogressionen
5, 11, 17, 23, …
7, 15, 21, 27, …
Die Nähe von 2π zur Schrittweite 6 dieser Progressionen erklärt die spiralförmigen Muster der Progressionen im obigen Diagramm. Ein größerer Abschnitt zeigt ähnliche Strukturen:
Primzahlen auf der Archimedischen Spirale bis t = 64 π
Auch hier gilt: Auf jeder Windung befinden sich genau sechs natürliche Zahlen.
Bei noch größeren Abschnitten dominieren Spiralarme das Bild. Wir lassen die Archimedische Spirale selbst weg, da sie visuell einen Vollkreis ausfüllen würde. Zudem verwenden wir wieder Punkte anstelle von Zahlen:
Primzahlen auf der Archimedischen Spirale bis t = 512 π
Die 44 Spiralarme des Diagramms lassen sich so erklären: Es gilt
44 − 7 · 2 π = 0,0177…
Damit ist die Winkeldifferenz zwischen f (t) und f(t + 44) für alle Zeiten t sehr klein, sodass nach je 44 Zeiteinheiten und etwas mehr als sieben Windungen fast der gleiche Winkel erreicht wird. Die kleine positive Winkeldifferenz führt zu 44 gegen den Uhrzeigersinn verbogene Geraden und damit zu den Spiralen des Diagramms. Die Zahlen auf den Spiralen sind Progressionen mit Schrittweite 44, haben also die Form a + 44, a + 2 · 44, a + 3 · 44, … Jede zweite Progression enthält nur gerade Zahlen und ist damit mit Ausnahme der 2 primzahlfrei. Die zwei weiteren primzahlfreien Spiralarme des Diagramms entsprechen den Progressionen 11, 11 + 44, 11 + 2 · 44, … und 33, 33 + 44, 33 + 2 · 44, … Alle Zahlen dieser Progressionen sind durch 11 teilbar.
Durch die Archimedische Spirale haben wir vielleicht nicht viel über Primzahlen gelernt, aber wir haben visuelle Phänomene von Diagrammen beschrieben und mathematisch begründet. Spielerische Mathematik behält ihren Wert auch dann, wenn sie nicht (oder nicht sofort) zu neuen Ergebnissen führt.
Wir betrachten schließlich noch eine weitere experimentelle Spirale.
Primzahlen auf der Spirale f mit f (t) = g(t) (cos(g(t)), sin(g(t)), g(t) = t/log(t), bis t = 500 (oben) und t = 5000 (unten). Auffällig ist die Häufung der Primzahlen auf den Bögen.